Traumnovelle (Arthur Schnitzler, 1926)

In der Traumnovelle des österreichischen Arthur Schnitzlers geht es um eine scheinbar glückliche Ehe zwischen einem Arzt Fridolin und seiner jungen Frau Albertine. Die Handlung beschreibt die Geschehnisse einer Nacht in Wien in den 1920ern, die die Ehe drohen, erzählt aber auch über einen vergangenen Sommer, in dem die Ehekrise schon angefangen hat. 

Fridolin arbeitet im Wiener Allgemeinen Krankenhaus während seine Frau Albertine sich um ihren sechsjährigen Tochter zu Hause kümmert. Albertine erzählt ihm wie sie sich im Sommerurlaub in Dänemark in einen anderen Mann verliebt hatte und erfährt, dass im selben Urlaub ein anderes Mädchen auch Anziehung auf Fridolin ausgeübt hatte. Dazu hat auch die Tochter des Hofrats, Marianne, Gefühle für Fridolin aber sie ist mit Dr. Rödiger gelobt. Keiner der Eheleute gibt aber zu, dass sie untreu gewesen sind.
Eines Abends nach der Arbeit begegnet Fridolin einer Prostituierte namens Mizzi, lehnt aber ihren Vorschlag ab. Später trifft Fridolin seinen Studienfreund Nachtigall. Er lädt Fridolin zu einem Ball ein, wofür man ein Kostüm und eine Parole braucht. Auf dem Ball, der in Wirklichkeit eine geheime Orgie ist, sind Männer und Frauen als Mönche und Nonnen gekleidet. Fridolin fällt trotz seines Kostüms aus und eine Frau empfiehlt ihm mehrere Male, dass er weggehe. Als Fridolin als Eindringling erkannt wird, wird er aus dem Haus geworfen.

Zu Hause berichtet Albertine über ihren Traum, in dem sie eine Beziehung mit einem Dänen hatte und Fridolin vor ihren Augen ans Kreuz geschlagen wurde. Fridolin nimmt das Ganze als wahr an, als hätte sie das in Wirklichkeit machen können, und fühlt sich betrogen. Er fährt zu Marianne, aber sie hat ihn schon überwunden. Danach erfährt Fridolin, dass Nachtigall von zwei Männer abgeholt worden ist und die Frau, die ihn auf dem Ball warnte, gestorben ist. Als Fridolin zum nächsten Mal zurück nach Hause kommt, berichtet er alles seiner Frau. 

Mit zwei Hauptfiguren und einem personalen Erzähler ist die Geschichte klar strukturiert, obwohl sie aus zwei gleichzeitigen Handlungen besteht: aus dem Besuch Fridolins bei einem Ball und aus dem Traum Albertines, die während derselben Nacht stattfinden. Fast die ganze Geschichte wird aus der Sicht Fridolins erzählt und durch erlebte Rede werden seine Gefühle, Wünsche, Erinnerungen der Vergangenheit und Hoffnungen reflektiert. Der Traum von Albertine wird jedoch vom Ich-Erzähler beschrieben.
Die Novelle verbindet mehrere Merkmale der klassischen modernen Epoche wie die Subjektivität und Innenleben des Individuums und Entbehrungen im Leben eines Menschen. Im Gegenteil zu früheren Epochen wird in der Traumnovelle nicht alles romantisiert wie früher: es geht um eine Ehekrise, in der die beiden Eheleute außerehelichen Wünsche und Phantasien haben.

Auch die Tabus dieser Zeit werden in der Traumnovelle behandelt. Weil die offene Sexualität eines Menschen damals zu unterdrücken war, sammeln sich Menschen geheim in einer Villa, um ihre Sexualität auszuüben. Alle sind jedoch maskiert, was der Anonymität der Teilnehmer dient. Daneben wird im Roman auch über Prostitution gesprochen. Auf einer Straße in Wien bieten Prostituierte ihre Dienste an. Unter ihnen ist Mizzi, die versucht, Fridolin auf ihr Zimmer zu locken. Er lehnt ab, möchte aber mit ihr reden und ist sogar bereit, Mizzi dafür zu bezahlen.

Eines der bedeutendsten Werke im 20. Jahrhundert war Die Traumdeutung von Sigmund Freud, die 1899 veröffentlicht wurde. Sie fasst die Elemente der Psychoanalyse zusammen, worauf noch heute die Psychotherapie basiert, zum Beispiel das Unbewusste, die Verdrängung und die frühkindliche Sexualität. Der Psychoanalyse zufolge streben im Traum die von der Psyche zensierte Wünsche nach Erfüllung. Oft seien sie auch mit frühen Kindheitserlebnissen verbunden und hätten häufig einen sexuellen Hintergrund.
Davon geht teilweise auch die Traumnovelle aus. Albertine hat sich sehr jung verheiratet und hat deshalb keine vorige Liebeserfahrung. In ihren Träumen hat sie jedoch die Möglichkeit, aus ihrem normalen bürgerlichen Familienleben auszubrechen. Als Albertine über ihren Traum mit dem Dänen erzählt, fühlt Fridolin sich betrogen, obwohl sie in Wirklichkeit nichts getan hat.

Fridolin ist gezwungen, sich darüber Gedanken zu machen, wie er den Traum behandelt und wie sein eigenes Verhalten sich von dem der Albertine unterscheidet. Die Identitätskrise des Ehepaars ändert sich zu einem Lernprozess darüber, ob die beide nach allem noch verheiratet bleiben wollen.

Die Traumnovelle ist ein typisches Werk aus der klassischen Moderne, das Merkmale der Epoche, damalige Tabus und zu dieser Zeit beherrschende wissenschaftliche Theorien verbindet. Sie gibt einen Einblick in die damalige bürgerliche österreichische Gesellschaft, obwohl ein großer Teil davon ein Traum und ein traumähnliches Geschehen ist. Die zwei werden jedoch psychologisch mit der Wirklichkeit geknüpft und erzählen viel vom Innenleben und Gedanken der Figuren in der damaligen Gesellschaft.   

Bibliographie und Quellen

Schnitzler, Arthur: Traumnovelle, 2. Auflage, Berlin, S. Fischer Verlag 1926



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